Montag, 27. September 2010

Ein ganz normaler wunderschöner Samstag in New York

Letzten Samstag bin am Vormittag mit Martin und seinem Mitbewohner Joe nach New York losgezogen. Joe kommt aus China und wollte uns eine kleine Führung durch Chinatown geben. Auf dem Weg von der U-Bahn zum Chinatown kommt man aber erst mal an einem Gebäude mit der Aufschrift "New Amsterdam" vorbei. Kleine Geschichtslektion am Rande: Bevor New York zu dem wurde, was es heute ist, war es im 17. Jahrhundert die niederländische Kolonie "Nieuw Amsterdam".


Während man sonst von Holland nach China eher länger braucht, liegen in New York nur fünf Gehminuten dazwischen. Schon fühlt man sich wie am anderen Ende der Welt. Straßen sind auf Chinesisch und Englisch ausgeschildert, aber bei Schaufenstern und Gemüsemärkten wird es schon schwieriger. Auch durch die Fenster einiger Restaurants sieht man Gewöhnungsbedürftiges:


Ich dachte vorher nicht, dass Chinatown tatsächlich noch so asiatisch geprägt ist. Eine Frau, die Flyer verteilt hat, hat Joe sogar einen Flyer ganz auf Chinesisch in die Hand gedrückt, auf dem Werbung für einen Englisch-Kurs war: "Lernen Sie perfekt Englisch in einem Monat. Ohne Vorkenntnisse. Nur 39 Dollar". Wie das wohl gehen soll? Auch einen Buchladen voll mit chinesischen Büchern gibt es. Da gab es unter anderem ein Buch über die Geschichte von Deutschland. Verstanden habe ich davon nichts, nur Leute auf den Fotos erkannt: Angela Merkel und Bismarck (natürlich nicht auf einem Foto!).


Meine erste kulinarische Entdeckung des Tages war Bubble Tea. Das ist eine Art Milchshake mit Tee und verschiedenen leckeren Geschmacksrichtungen: von Pfefferminz über Kokos bis Blaubeere. Unten im Getränk sind kleine Kügelchen, die man dann mit dem Tee durch den Strohhalm zieht - deswegen ist der Strohhalm auch drei Mal so dick wie ein normaler. Ich hatte keine Ahnung, woraus die Kugeln gemacht sind. Wikipedia sagt, sie sind aus Speisestärke.

Mit dem Bubble Tea in der Hand ging es dann weiter in ein unglaublich großes, volles, lautes, gutes chinesisches Restaurant. Oder besser gesagt: zuerst nur zum Restaurant. Hinein konnten wir erst ein bisschen später. Hier ist es sehr üblich, dass Restaurants mittags oder abends so voll sind, dass man warten muss, bis ein Tisch frei wird. Länger als 20 Minuten musste ich aber noch nie warten. Ich war echt froh, dass wir Joe dabei hatten. Ich wäre sonst leicht überfordert gewesen mit dem Essen dort. Es gab zwar eine normale Speisekarte, auf der aber nur ungefähr fünf Gerichte standen, die man bestellen kann. So weit ich gesehen habe, hat das auch fast niemand gemacht. Stattdessen fahren die Bedienungen mit Servierwägen durch das Restaurant, auf denen die Gerichte stehen, die gerade frisch aus der Küche kommen. Die kann man dann anschauen, ob sie einem gefallen, und nehmen. Das Gute daran ist, dass die Portionen auf den Tellern recht klein sind, also ideal, um sie zu teilen. Und natürlich, um mehrere Sachen zu probieren! So etwas gefällt mir. Wir haben dann einfach Joe immer etwas aussuchen lassen, weil für mich viele Sachen so ungewöhnlich waren, dass ich nicht wirklich erkennen konnte, was das genau ist, das da drauf liegt. Das war auch sehr gut so: Er hat nämlich nur Sachen ausgesucht, die mir wirklich gut geschmeckt haben. Eine Herausforderung war, das Essen von den kleinen Tellern in der Mitte des Tischs auf den Teller vor mir zu bugsieren. Es gab ja nur Essstäbchen. Messer und Gabel habe ich weit und breit nicht gesehen. Irgendwann zwischen dem fünften und sechsten kleinen Teller habe ich Übung darin bekommen!

Am Nachmittag haben wir uns mit zwei anderen Fulbrightern getroffen, die bei der Orientation in Berkeley dabei waren. Hanadi aus Israel, die in New York studiert, und Martin aus Deutschland, der in Maryland studiert und in New York zu Besuch war. Eigentlich hatten wir vor, zur Freiheitsstatue zu fahren. Als Hanadi und Martin aber gesehen haben, wie lange die Schlange schon vor der Fähre war, die nach Liberty Island fährt, haben wir uns schnell dagegen entschieden. Ich will unbedingt noch dort hin, und auch in die Freiheitsstatue hinein und raufsteigen, aber wahrscheinlich ist ein Samstag Nachmittag nicht die beste Zeit dafür. Und ich habe ja noch viel Zeit, das nachzuholen!

Stattdessen haben wir dann die Staten Island Ferry genommen, die von Manhattan nach Staten Island fährt. Hört sich erst mal nicht so spannend an. Aber: Die Fähre fährt direkt an der Freiheitsstatue vorbei und man kann schöne Fotos machen. Sehr beeindruckend, die alte Lady, für mich das Symbol der USA, in echt zu sehen! Und während man so dahinfährt, hat man außerdem noch einen wunderschönen Ausblick auf die Skyline.


Ursprünglich hatte ich vor, am Nachmittag zurück nach Newark zu fahren, und mich dann ins Ikea-Gewühl zu stürzen und ein paar Sachen für mein Zimmer zu kaufen. Als Hanadi und Martin mir dann erzählt haben, dass sie noch aufs Rockefeller Center rauffahren wollen, hab ich mich schnell gegen Ikea entschieden. Das Rockefeller Center ist eins der höchsten Gebäude in New York. Man kann mit dem Aufzug bis in den 70. Stock fahren und von sort aus noch mal zwei Stockwerke nach oben gehen - und dann hat man den tollsten Ausblick, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.

Man kann über ganz New York sehen: Im Süden Downtown Manhattan mit dem Empire State Building und ein bisschen weiter weg der Freiheitsstatue, im Westen den Hudson River und New Jersey (ich habe vergeblich versucht, Newark zu finden), im Osten Brooklyn und Queens und im Norden den Central Park (bei dem man so erst ein Gefühl davon bekommt, wie groß er eigentlich ist).


Und einfach überall: Hochhäuser mit 30 oder 40 Stockwerken, die von so weit oben ganz winzig aussehen. Ich glaube, ich war wirklich selten von etwas so begeistert wie da. Ich bin lange einfach sprachlos dagestanden und habe den Blick in die Ferne schweifen lassen. Einerseits war das Ganze irgendwie unwirklich - man steht so weit oben und sieht eine Aussicht, die man schon so oft auf Bildern und Postkarten und in Filmen gesehen hat. Und andererseits habe ich mir einfach nur gedacht, was ich für ein Glückspilz bin, dass ich hier in echt bin, richtig in New York, dass ich jetzt ein Jahr lang hier leben kann, dass sich die ganze Arbeit, die ich in die Fulbright-Bewerbung gesteckt habe, und die vielen Nerven, die mich das gekostet hat, so gelohnt haben.


Wirklich toll war, dass wir um 18 Uhr, als es noch hell war, hinaufgefahren sind, und dann so lange oben waren, dass wir den Sonnenuntergang über New York sehen konnte. Und die ganzen Lichter, wenn es langsam dunkel wird und die ganze Stadt hell erleuchtet wird. Wir waren über zwei Stunden auf der Aussichtsplattform und mir ist es vorgekommen wie eine Viertelstunde. Ich glaube, da sind keine weiteren Worte nötig!

3 Kommentare:

  1. "eine Aussicht, die man schon so oft auf Bildern und Postkarten und in Filmen gesehen hat"
    -> Ich wollt's ja gerade sagen!

    Der vorletzte Teil ist schön, du hast dir das wirklich verdient, auf jeden Fall! Auch wenn's viel Stress war, du siehst ja, dass es sich eindeutig gelohnt hat!

    Kann man die Tiere aus dem Schaufenster eigentlich zum Essen auswählen, also quasi "Ich will die niedliche Schildkröte da vorne links?"
    Buuaaah, irgendwie eklig!

    Ach ja, so zwecks dich besuchen gibt's vielleicht Neuigkeiten, du hast wahrscheinlich noch gut Zeit um dich auf deine nervige, shopping-wütige Schwester vorzubereiten :)

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  2. Danke, Luisi! :-)

    Die Tiere im Schaufenster kann man tatsächlich zum Essen aussuchen. Der Kellner fischt dann eins raus, bringt es an den Tisch und fragt, ob es passt. Wenn ja, geht es danach für das arme Tierchen ab in die Küche. ;-) Das habe ich zwar hier nicht selbst gesehen, aber in London im Chinatown war das so. Eine Schildkröte war aber da im Fenster nicht dabei. Nur Fische, Krebse, Garnelen, Hummer usw.

    Wegen dem Besuch bin ich schon gespannt! Wenn es noch länger dauert, dann wird sich bei dir so viel Shopping-Lust angestaut haben, dass du dir gleich noch einen zweiten Koffer kaufen kannst, um das alles nach Hause zu tranportieren. :)

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  3. Oh ich hab da ne Schildkröte gesehen. Macht nichts, dann nehm ich halt nen Hummer :D
    "Och ne, den nicht, der guckt so böse"

    Ich komm einfach mit nem komplett leeren Koffer, dann kann ich ordentlich shoppen. Und ich denke es dauert schon noch ne Weile, weil ich mir überlegt hab, dass ich vielleicht in meinen Semesterferien komme. Weil dann muss ich nichts verpassen (und nich mein 1. Semester womöglich wiederholen^^) und die Anne wäre da auch noch drüben.
    Mal schaun :)

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