Sonntag, 24. April 2011

Einkaufsvergnügen

Auf meinen ganzen Reisen durch Amerika bin ich ein Fan der Magazine und Kataloge geworden, die im Flugzeug immer in der Tasche vorne am Sitz drin sind - da, wo die Spucktüte auch drin ist! ;-) Mit denen kann man sich so schön die Zeit vertreiben... Besonders gern mag ich den SkyMall-Katalog, in dem allerhand "Nützliches" verkauft wird, das man noch nie gebraucht hat, von dem die Hersteller aber überzeugt sind, dass man es ab sofort unbedingt doch braucht. Ganz groß sind darin zum Beispiel unzählige Mittelchen, Shampoos und Laserperücken, die Glatzköpfe im Handumdrehen wieder in Menschen mit einer beneidenswerten Haarpracht verwandeln. Und mannshohe Statuen, die wie die auf der Osterinsel aussehen. Und Apparate, mit denen man wahlweise dem Ehemann das Schnarchen oder dem Hund das Bellen abgewöhnen kann.

Meine Highlights des aktuellen Katalogs:

Platz 3: Das aufblasbare Pool-Kino mit 3 Metern Bildschirmdiagonale


Platz 2: Ein mikrowellengroßer Isolierkasten, der Stinke-Schuhe desinfiziert


Platz 1: Ein Reise-Hantel-Set, das man mit Wasser befüllen kann


... dann mal frohes Shoppen!

Samstag, 16. April 2011

Lena's State of Mind

Jetzt bin ich schon so lange in Amerika, dass es ja schon fast wieder Zeit für die Abreise ist. Am 11. April sind meine Mama und meine Tante nach zehn Tagen Besuch bei mir wieder nach Hause geflogen - und da war es noch genau einen Monat bis zu dem Tag, an dem hier die Uni für mich vorbei ist: am 11. Mai. Mittlerweile sind es nicht mal mehr vier Wochen bis dahin. Ich kann es wirklich kaum glauben, dass die Zeit so schnell vergangen ist.

Ich weiß noch gar nicht so recht, was ich darüber denken soll. Ich freue mich einerseits natürlich sehr auf Deutschland und vor allem auf die Leute, die ich dort vermisse (auf einen ganz besonders!). Andererseits weiß ich auch, dass mir der Abschied von hier und von den Leuten, die ich hier lieb gewonnen habe, schwer fallen wird. Meine Gefühle ändern sich ja schon beim Schreiben dieses Posts.

Bis gestern war auch noch nicht wirklich klar, wann ich genau zurückkommen werde. Mein ursprünglicher Plan war genau das, was ich jetzt mache: hier zwei Semester zu studieren, dann noch einen Monat durch die USA zu reisen und dann nach Deutschland zurückzukommen. Irgendwann habe ich angefangen, mit dem Gedanken zu spielen, hier noch ein Praktikum zu machen. Ich habe aber sehr lange gebraucht, bis ich mich entschieden habe, ob ich wirklich noch länger bleiben will. Mir gefällt es hier sehr gut, New York ist toll, die Uni in Newark ist auch klasse und ich habe nette Leute kennengelernt. Trotzdem habe ich gerade auch im zweiten Semester immer wieder Heimweh gehabt. Bevor ich nach Amerika gekommen bin, dachte ich eher, dass ich am Anfang Heimweh habe und sich das dann nach und nach legt und irgendwann gar nicht mehr kommt. Es war dann aber so, dass es eigentlich ein Auf und Ab ist. Es war nie so, dass ich mir gedacht hätte, mir reicht es hier, ich will sofort nach Hause; aber doch so, dass ich mich bereit gefühlt habe, im Juni wieder zurückzugehen.

Und so habe ich hin- und herüberlegt und mich dann doch für ein paar Praktika hier beworben. Ich wollte die Chance, wenn ich jetzt schon mal hier bin, nicht ungenutzt lassen und es wenigstens versuchen. Letztendlich habe ich dann wohl zu lange gewartet und überlegt und mich erst zu spät beworben, denn ich habe kein Praktikum gefunden. Oder besser gesagt: Ich habe keine Antworten bekommen. Ablehnungsschreiben sind hier offensichtlich unüblich und werden als unwichtig eingestuft. Das lässt einen als Bewerber dann mit dem unangenehmen Gefühl in der Luft hängen, dass man irgendwann entscheiden muss, was man mit dem Sommer anfangen will, es gleichzeitig aber sein kann, dass man gleich am nächsten Tag angerufen wird, weil man ein aussichtsreicher Kandidat für eine Stelle ist. Die einzige Reaktion, die bisher kam, war eine computergenerierte Absage, dass ich nicht die Qualifikationen für die Stelle erfülle. Die E-Mail kam aber genau zwei Minuten, nachdem ich die elektronische Eingangsbestätigung für die Bewerbung bekommen hatte. Ich vermute mal, dass mich das System automatisch rausgefiltert hat, weil ich auf die Fragen "Are you a U.S. citizen or green card-holder?" und "Are you permanently authorized to work in the U.S.?" mit nein geantwortet habe - alle anderen formalen Anforderungen, die das System so schnell überprüfen kann, habe ich nämlich erfüllt. Viele andere internationale Studenten haben Ähnliches berichtet. Die einzige andere internationale Studentin, die ich kenne, die ein Praktikum gefunden hat, wird dafür nicht bezahlt - und das in einer Stadt mit Lebenshaltungskosten wie New York! Und so etwas habe ich schon im Voraus ausgeschlossen. Ich wollte mit einem Praktikum hier ja nicht reich werden, aber wenigstens die Kosten sollte es im Großen und Ganzen decken. Das Ende vom Lied war, dass ich mir einfach selbst eine Frist gesetzt habe, bis zu der ich noch Follow-Up-E-Mails rausgeschickt habe, um vielleicht doch noch eine Reaktion zu bekommen. Und da bis gestern keine einzige Reaktion gekommen ist, habe ich mich entschieden, dass ich es nicht weiter versuche und nach dem 11. Mai einfach auf große Reise gehe und dann im Juni zurückkomme.

Und das ist bei Weitem nicht das Schlechteste! Im Gegenteil, ich freue mich jetzt wahnsinnig, mehr Gewissheit zu haben und bald loszureisen - das ist ja das, was ich von Anfang an geplant hatte: zu reisen und dann im Anschluss in Deutschland ein Praktikum zu machen. Vor allem freue ich mich, weil ich schon zwei sehr nette Reisepartnerinnen habe. Das sind Anja und Steffi, die in Lawrence, Kansas, studieren. Die beiden habe ich letztes Jahr bei der Fulbright-Orientation in Berlin kennengelernt, und irgendwann haben wir den Plan geschmiedet, zusammen zu verreisen. Die Route steht noch nicht genau fest. So viel kann ich aber schon verraten: Wir werden von Lawrence aus in Richtung New Orleans starten, dann nach Westen nach Texas und zum Grand Canyon fahren, und uns dann auf den langen Weg die ganze Westküste hinauf machen. Über Vorschläge, was wir dort alles anstellen sollen, und für weitere Zwischenstopps freuen wir uns!

Und bevor es dorthin losgeht, habe ich ja hier noch ein paar Wochen Uni zu absolvieren.
An die Uni habe ich mich hier wirklich sehr gut gewöhnt. Im ersten Semester habe ich zwar auch alles gut und rechtzeitig geschafft, aber das war schon manchmal sehr, sehr stressig. Spätestens dieses Semester bin ich wirklich gut im amerikanischen Uni-Betrieb angekommen und ich weiß viel besser als am Anfang, wie ich meine Zeit einteilen muss, um unzählige Bücher und Papers für die Seminare, noch mehr Bücher für meine eigenen Projekte, Teamarbeiten und Präsentationen unter einen Hut zu bringen. Auch letztes Semester habe ich viel neben der Uni in New York und Umgebung unternommen, bin zu kulturellen Events gegangen, habe mich mit Freunden getroffen und bin weggegangen. Manchmal hat darunter dann aber schon der Schlaf oder der Kontakt mit Freunden zu Hause gelitten (Entschuldigung an dieser Stelle!). Dieses Semester hingegen habe ich das Gefühl, dass ich mehr unternehme, viel mehr verreise, meine zahlreichen Besucher aus Deutschland unterhalten kann, mich mehr ausruhen kann und trotzdem noch gut an der Uni sein kann. Hoffentlich hält das die nächsten Wochen auch noch so an!

Bis zum Ende des Semesters muss ich noch drei Arbeiten schreiben - jeweils eine in jedem meiner drei Kurse "Immigration and Performace", "Race and Sexual Politics in the Modern U.S." und "Sociology of Urban Education". Zwei kürzere Papers und ein längeres habe ich schon geschrieben. Und viele Präsentationen gehalten.

Abgesehen von der Uni habe ich auch noch einiges geplant: eine Twilight Cruise um Manhattan herum mit One to World, einen Besuch als Lehrerin in einer New Yorker Schule im Rahmen des Global Classroom Program, eine Fahrradtour mit diesmal wirklich blühenden Kirschbäumen, einen Besuch und ein Briefing über die aktuelle Situation in Libyen im UNO-Hauptgebäude, ein Ausflug in den Bronx Zoo und nicht zuletzt auch noch eine Reise nach Chicago. Das werden auf alle Fälle noch spannende und erlebnisreiche Wochen hier!

Donnerstag, 14. April 2011

Tagesausflug nach Philadelphia

Ende Februar bin ich mit meiner Mit-Fulbrighterin Gergana für einen spontanen Tagesausflug nach Philadelphia gefahren. Philadelphia liegt nur ungefähr 150 Kilometer von New York weg; in zwei Stunden Autofahrt ist man da. Perfekt also für einen Freitagsausflug nach einer langen Uniwoche! Einmal mehr habe ich mich darüber gefreut, dass es dank zahlreicher Angebote und Konkurrenz im Nordosten der USA so leicht und günstig ist, mit dem Bus zu verreisen. Für unsere einen Tag vorher gebuchte Busfahrt haben wir bei Megabus gerade mal $19 pro Person bezahlt - das sind bei dem aktuellen Dollarkurs ungefähr 13 Euro! Das sollte in Deutschland mal endlich einer nachmachen!

In Philadelphia gibt es viel Historisches zu sehen. Die Stadt war die Hauptstadt der USA, während Washington, D.C., geplant und gebaut wurde. Außerdem wurde in Philadelphia die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben. Ich war sehr überrascht, als ich nach meinem Auflug gelesen habe, dass Philadelphia mit 1,5 Mio. Einwohnern die fünftgrößte Stadt der USA ist. Irgendwie haben wir es trotzdem geschafft, alles, das uns in der Stadt interessiert hat, an einem Tag zu sehen - und das noch dazu ohne eine einzige Fahrt mit der U-Bahn! Ich kann die Stadt also auch für einen Tagesausflug bedenkenlos weiterempfehlen, besonders, wenn man sich dazu so schönes Frühlingswetter aussucht wie wir!

Wir hatten Glück, dass unser Bus direkt im historischen Zentrum von Philadelphia angehalten hat. Da wir noch nicht richtig geplant hatten, was wir alles anschauen wollen, sind wir zuerst ins Independence Visitor Center gegangen. Dort haben wir uns als erstes einen sehr patriotischen, aber ziemlich gut gemachten Film über die Unabhängigkeitserklärung und den Unabhängigkeitskrieg angeschaut. Danach haben wir uns mit allerlei Stadtplänen und Broschüren bewaffnet und uns daran gemacht, die ersten historischen Stätten zu erkunden. Direkt gegenüber liegt das President's House Memorial an der Stelle, wo einst das Haus des ersten Präsidenten der USA, George Washington, stand. Das Memorial erinnert an die Sklaven, die damals im und am Haus gearbeitet haben.


Direkt dahinter steht das Gebäude, in dem die Liberty Bell steht. Das ist die Glocke, die 1776 geläutet wurde, um das Verlesen der Unabhängigkeitserklärung anzukündigen und zu feiern. Um zur Glocke zu gelangen, muss man erst mal am sehr unfreundlichen Security-Check vorbei. Dort wurden nicht nur unsere Handtaschen bis in die kleinste Ecke durchsucht, sondern wir mussten uns auch noch anmeckern lassen, wo wir denn herkommen und ob wir noch nie Security gesehen haben, weil wir nicht gleich von Anfang an unsere Jacken ausgezogen haben, damit man auch sehen kann, dass wir da keine Knarren drunter haben. Überhaupt musste ich, glaube ich, noch in keiner amerikanischen Stadt an so vielen Security-Checks vorbei wie in Philadelphia.


In der Nähe der Liberty Bell stehen viele schöne alte rote Backsteinhäuser, die alle eine historische Bedeutung haben. Mit so viel Geschichte habe ich allerdings ein wenig den Überblock verloren, was genau was ist. Eines davon ist die Independence Hall, in der die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben wurde und über die Verfassung der USA debattiert wurde.


Daneben befindet sich sozusagen der Vorläufer des Kapitols in Washington, D.C.: der erste Sitz von Senat und Repräsentantenhaus der USA.


Danach sind wir zu ein paar schönen Plätzen, Straßen und Häusern spaziert.




Mittags haben wir uns mit Irina getroffen, einer anderen Bulgarierin, die Gergana von ihrer Orientation in Bulgarien kannte. Zusammen sind haben wir uns auf den Weg ins Chinatown gemacht, das im Vergleich zu dem in New York sehr, sehr klein ist. Eigentlich besteht es nur aus einer einzigen Straße. Danach haben wir zur Belohnung für den ganzen langen Weg, den wir schon gegangen sind, ein leckeres Philly Cheesesteak gegessen. Schlau, wie wir sind, haben wir uns zum Glück zu zweit nur eines bestellt - das hat uns mit den Pommes, die es dazu gibt, auch völlig gereicht!


Dann haben wir uns auch schon auf den Weg zum Phildelphia Museum of Art gemacht. Unterwegs am Benjamin Franklin Parkway stehen jede Menge historische und Gebäude und Museen. Außerdem hängen links und rechts von der Straße die Flaggen aller Länder der Welt.



Vor dem Museum steht ein Brunnen mit allerlei Statuen, den wir für uns entdeckt haben. Ich glaube, wir sind eine halbe Stunde lang darauf rumgeklettert und haben Fotos gemacht.


Natürlich haben wir es uns auch nicht nehmen lassen, wie Rocky im Film die Treppen vor dem Museum hochzulaufen. Das sind aber ganz schön viele Treppen - da kann es schon mal passieren, dass man den Überblick verliert und stolpert. Und wem ist das natürlich passiert? Richtig, mir. Hab mir aber nicht wehgetan, sondern habe mich im Gegenteil gleich wieder aufgerappelt und bin weitergelaufen!

 

Von oben hat man einen schönen Blick auf Downtown Philadelphia mit der City Hall und einem Hochhaus, das mich sehr an das Chrysler Building in New York erinnert. Dort sind wir hingegangen, nachdem wir uns vor dem Museum von unserem Treppenspurt ausgeruht hatten.


Dank Gergana haben wir dann noch ein verstecktes Kunstwerk entdeckt: die Philadelphia Magic Gardens. Das ist so etwas Besonderes, das ich gar nicht so recht weiß, wie ich es beschreiben soll. Am Besten sollte man es sich selbst anschauen. Wer gerade nicht in der Nähe von Philadelphia wohnt, kann sich ja stattdessen an meinen Bildern erfreuen. So viel sei gesagt: die Magic Gardens sind ein riesiges Gesamtkunstwerk, ein Mosaik, das sich über zwei Stockwerke in einem Haus und einen angrenzenden Außenbereich erstreckt, in dem man durch Mosaik-Tunnels, über Mosaik-Böden, zwischen Mosaik-Mauern und über Mosaik-Brücken gehen kann.



Danach haben wir den Abend gemütlich in einem deutschen Restaurant ausklingen lassen, dass uns jemand ganz am Anfang des Tages im Independence Visitor Center empfohlen hatte. Ich war zuerst ein bisschen skeptisch, weil das eine deutsche Restaurant, in dem ich davor in New York war, sich als ziemlicher Reinfall entpuppt hat. Die leckeren Käsespätzle und ein kühles Bier haben mich dann aber schnell wieder überzeugt!


Gergana und ich haben auf unserem Ausflug festgestellt, dass wir sehr gut miteinander reisen können, weil wir uns immer einig sind, wohin wir gehen wollen, wie lange wir da bleiben wollen und einfach, weil wir uns super verstehen. Deswegen mache ich auch meine nächste Reise mit ihr: nächste Woche nach Chicago. Also: Stay tuned!

Mittwoch, 13. April 2011

Amerikanische Sportbegeisterung und das Gegenteil davon

Letzte Woche habe ich an ein und demselben Tag die zwei Gesichter der Amerikaner kennengelernt, was den Sport angeht: absolute Begeisterung und das Gegenteil davon - Sport-un-begeisterung!

Teil 1: Sport-un-begeisterung - Fahrrad fahren als Ereignis

Teil 1 meiner Geschichte dreht sich um den "Cherry Blossom Bike Ride". Das ist eine Fahrradtour vom Rutgers-Campus in den Branch Brook Park, einen großen Park in Newark. Der wurde übrigens im 19. Jahrhundert von Frederick Law Olmsted entworfen, dem Mann, der auch den Central Park in Manhattan und den Prospect Park in Brooklyn gestaltet hat. Im Branch Brook Park gibt es über 4.000 japanische Kirschbäume. Das sind sogar mehr als in Washington, D.C., das für sein jährliches National Cherry Blossom Festival so berühmt ist.

Da ich seit acht Monaten hier auf keinem Fahrrad mehr gesessen bin, kam mir dieses Angebot gerade recht. Außerdem leidet Newark bis auf den Branch Brook Park sowieso an einem Mangel an Natur und da hat es sich sehr verlockend angehört, durch den Park zu fahren. Zusätzlich haben die Organisatoren uns noch mit kostenlosem Fahrradverleih und kostenlosem Mittagessen im Park gelockt. Da juchzt das Herz des armen Studenten in der NYC Area!

Als ich mit Martin und seiner Freundin Mandy am Ausgangspunkt der Tour angekommen bin, war mir schnell klar, dass ohne kostenloses Mittagessen der größte Teil der Teilnehmer wohl nicht aufgekreuzt war. Eine amerikanische Kommilitonin von mir, die ich dort getroffen habe, hat mir stolz erklärt, dass sie nicht mehr auf einem Fahrrad gesessen ist, seit sie zwölf war. Bis jeder sein Fahrrad hatte, hat es mindestens 30 Minuten gedauert. Für weitere Verwirrung hat bei einigen Leuten wohl die Tatsache gesorgt, dass man die Höhe eines Fahrradsattels verstellen kann. Ich war allerdings positiv überrascht, dass die meisten Fahrräder richtig gute Mountainbikes waren. Die waren sogar besser als mein eigenes Radl zu Hause. Aber dazu muss ich sagen, dass das auch nicht sehr schwer ist. Ich glaube, mein Fahrrad hat schon zehn Jahre auf dem Buckel, weswegen ich auch für alle Strecken, die weiter als 2 Kilometer sind, normalerweise das von meiner Mama nehme.


Während wir die Fahrräder ausgesucht haben, gab es sogar noch mehr umsonst: einen kleinen Rucksack prall gefüllt mit einem Fahrradhelm, einer Trinkflasche und allerlei Flyern zu Newark und zum sicheren Radfahren. A propos sicheres Radfahren. Hier auf dem Campus sieht man ja immer und überall Polizisten, das ist ja nicht ungewöhnlich. Deswegen habe ich mir am Anfang auch nichts dabei gedacht, als dort, wo wir die Fahrräder ausgesucht haben, Polizisten ihre Runden gedreht haben. Als wir dann aber losfahren wollten und sie sich Fahrradhelme und Fahrräder geschnappt haben, die mit "Police" beschriftet waren, und zwei in ein Polizeiauto eingestiegen sind, ist mir langsam ein Licht aufgegangen: Die begleiten uns!

Und schon ging es los. Ein Polizist ist in einem Affenzahn vorausgefahren, damit er vor allen anderen an der ersten Kreuzung ist. Dort angekommen, ist er mitten in der Kreuzung vom Fahrrad gesprungen, hat alle ankommenden Autos aufgehalten und uns wild mit den Armen fuchtelnd über die Straße geleitet. In gewisser Hinsicht war die Polizeibegleitung aber auch nötig, denn manche Teilnehmer hatten offensichtlich nicht verstanden, dass es gefährlich ist, mitten in der Stadt rote Ampeln zu ignorieren, nach links und rechts zu fahren, ohne sich vorher umzuschauen, oder in einem Pulk von Leuten grundlos zu bremsen. Und siehe da, nach noch nicht einmal fünf Minuten mussten wir schon die erste Pause einlegen, weil trotz Begleitung schon die ersten verloren gegangen sind. Immerhin habe ich zwischendurch noch eine interessante, amüsante Entdeckung gemacht: ein Schrottplatz, auf dem nur alte, zerbeulte, in Einzelteile zerfallende Polizeiautos gesammelt werden.


Nach ungefähr zehn Minuten Suche sind die verlorengegangenen Fahrradfahrer auch wieder aufgetaucht und es ging weiter in den Park. Leider war es die letzten Wochen in New Jersey so kalt, dass die meisten Kirschbäume noch nicht geblüht haben. Ein paar habe ich aber trotzdem noch entdeckt.


Als wir im Park angekommen sind, dachte ich, dass jetzt die Radltour richtig losgeht. Da wurde ich aber gleich eines besseren belehrt: Es war schon Lunchtime!


Nach dem Lunch konnte man dann entweder zum zweiten Teil der Tour übergehen und weiter durch den Park fahren oder sich schon auf den Weg zur Uni machen. Über der Hälfte der Studenten hat es anscheinend nach dem ersten Teil schon gereicht, denn die sind schon zurück zur Uni gefahren. Ich bin für den zweiten Teil noch geblieben und habe so einen richtig schönen Teil von Newark zu sehen bekommen. Der Park ist wirklich groß - so lange wie der Central Park, aber nur halb so breit. Er hat einige schöne Gewässer, Brücken und Gebäude in der Nähe, zum Beispiel die Cathedral Basilica of the Sacred Heart, die fünftgrößte Kathedrale der USA. Außerdem stehen direkt am Rand des Parks einige große alte Häuser, die so aussehen, als ob die Leute, die da wohnen, wirklich viel Geld haben.


Auch dieser Teil der Fahrradtour war kürzer, als ich ihn erwartet hatte, und fand immer in Begleitung eines Essex County Sheriffs statt. Kurz vor Ende der Tour gab es dann noch meine persönlichen zwei Highlights des Ausflugs. Eines war, dass es einen kleinen Hügel hinaufging. Das war wirklich nur ein Hügel; den Namen Berg würde es nicht verdienen. Ein Mädchen hat sich damit sehr schwer getan - kein Wunder, denn sie hatte einen der höchsten Gänge drin. Hinter ihr ist dann einer der Polizisten hergefahren und musste ihr erklären, dass man beim Bergauffahren doch besser einen kleineren Gang nimmt - worauf er nur einen fragenden Blick geerntet hat. Highlight Nummer 2: Ein anderes Mädchen hatte offenbar genug vom Fahrrad fahren und wollte nicht mehr zur Uni zurück radeln. Sie fragte den Polizisten: "Mr. Officer, can you give me a ride back home? In a car with a bike rack?"


Obwohl das Wort "Fahrradtour" hier eine andere Bedeutung hat, als ich erwartet habe, war es doch ein netter Nachmittag. Ich bin froh, dass ich jetzt weiß, wo der Park ist, dass er schön ist, und dass ich mir an der Uni kostenlos ein Fahrrad ausleihen kann. Das will ich auch bald machen und dann meinen privaten Cherry Blossom Bike Ride machen - inklusive dann hoffentlich mehr blühender Kirschbäume!

Teil 2: Sportbegeisterung - Eishockey anschauen

Am gleichen Tag am Abend gab es noch ein weiteres sportliches Ereignis, diesmal aber nur passiv: Ich habe mir ein Eishockey-Spiel angeschaut. Seit ich in Amerika bin, wollte ich mir ein richtiges amerikanisches Sportereignis anschauen. Zuerst hatte ich an ein Football-Spiel gedacht, aber dann hat mich meine Mitbewohnerin Megan aufgeklärt, dass die Football-Saison schon vorbei ist. Dann dachte ich mir, Eishockey ist ja auch nicht schlecht, und habe mir Karten für ein Heimspiel der New Jersey Devils gegen die Toronto Maple Leafs im Prudential Center in Newark gekauft. Das Prudential Center ist ein riesiges Stadion - richtig amerikanische Ausmaße eben.


Die ganze Veranstaltung war so richtig amerikanisch, wie ich sie mir vorgestellt habe und wie ich sie haben wollte. Am Anfang vor dem Anstoß (heißt das beim Eishockey auch so?) wurden die kanadische und die amerikanische Nationalhymne gespielt und eine Frau hat live unten auf dem Eis mitgesungen. Dabei sind alle aufgestanden, haben die Hand aufs Herz gelegt und inbrünstig mitgesungen. Und natürlich durfte gutes amerikanisches Essen beim Spiel nicht fehlen.


Bei diesem Spiel habe ich mir einmal mehr gedacht, dass Amerikaner eins wirklich gut können: Entertainment! Eishockey ist an sich schon sehr unterhaltsam, weil es so schnell und spannend ist. Dann gibt es dazu aber noch überall bunte Leuchttafeln und Cheerleader, die in jeder Unterbrechung tanzen.


In der ersten Pause durfte die Nachwuchsmannschaft der New Jersey Devils aufs Eis und ein bisschen spielen. Mit den dicken Anzügen und der ganzen Schutzausrüstung waren die kleinen Jungen fast so breit wie hoch - sehr süß und witzig. Und in der zweiten Pause wurden drei Leute aus dem Publikum für ein Gewinnspiel ausgewählt. Sie bekamen vom New Jersey Devil, dem Maskottchen, jeweils einen Puck und einen Schläger. Den Puck mussten sie dann so nahe wie möglich an den Mittelkreis schießen, ein bisschen wie beim Eisstockschießen.


Bevor ich vergesse, es zu erwähnen: Die New Jersey Devils haben mit 4:2 gewonnen!