Sonntag, 27. März 2011

Klein Lena macht den Führerschein - oder: Der Bürokratische Zehnkampf

Fast sechs Jahre nach meinem Führerschein in Deutschland muss ich noch mal ran: Langsam wird es wirklich Zeit für den New-Jersey-Führerschein! Den wollte ich mir schon seit August holen, aber mich hat der bürokratische Aufwand bisher immer noch effektiv davon abgehalten. Um den Führerschein zu bekommen, muss man nämlich nicht nur fahren können, sondern auch noch sein Geschick im bürokratischen Zehnkampf beweisen.

Es geht damit los, dass den Behörden in New Jersey ein Pass offenbar nicht genug ist, um zweifelsfrei meine Identität zu beweisen. Zusätzlich muss man noch zwei weitere Identitätsnachweise bringen, zum Beispiel einen Ausweis oder einen Studentenausweis mit Foto. Außerdem braucht man noch - wie irgendwie für alle offiziellen Stellen in den USA - einen Proof of Address, damit die Führerscheinstelle auch ja weiß, wo ich wohne. Dann braucht man noch das DS-2019 (alle Fulbrighter und USA-Erfahrenen, die das lesen, werden wissen, wovon ich spreche und mit den Augen rollen), ein Dokument, dessen Sinn ich noch nicht ganz verstanden habe. Ich glaube, es soll ein weiterer Nachweis sein, dass ich mich legal in den USA aufhalte.

Hat man das beisammen, kann man sich leider noch immer nicht auf den Weg zum DMV (Department of Motor Vehicles) machen. Als nächstes musste ich vom International Student Office einen Brief beantragen. Auf dem steht nichts weiter, als dass ich gerne einen Führerschein machen will und dass sie jede Hilfe, die mir dabei zukommt, zu schätzen wissen. Aha... Den Sinn dieses Briefs habe ich auch nicht verstanden. Das ist ein vorgefertigter Brief, da wird nichts individuell gemacht. Anfangs hieß es, das dauert zwei Tage. Fände ich für den geringen Aufwand, den das bedeutet, auch angemessen. Aber Pustekuchen. Ganze zwei Wochen hat es gedauert, und sogar dann habe ich das Ding nur auf Nachfrage bekommen.

Eigentlich bin ich mir da schon vorgekommen wie Asterix und Obelix im Film "Asterix erobert Rom". Erinnert sich jemand an Aufgabe 8 - das Haus, das Verrückte macht?



Endgültig so gefühlt habe ich mich dann, als ich mich eines Morgens mit Martin zur Social Security Administration in Newark aufgemacht habe. Das ist die nächste Disziplin im Zehnkampf. Als Amerikaner braucht man für den Führerschein seine Social Security Number. Die bekommt man als Ausländer aber nur, wenn man arbeitet - sonst bekommt man ja auch keine Social Security Benefits. Leider kann man aber nicht einfach zum DMV gehen und sagen: "Ich bin ausländische Studentin, arbeite nicht, und deswegen habe ich keine Social Security Number". Die Social Security Administration muss mir bestätigen, dass ich nicht berechtigt bin, so eine Nummer zu bekommen. Deswegen also ab zum Social Security Office. Ein 30-minütiger Fußmarsch bei -10 Grad wohlgemerkt.

Das Gebäude gleicht einem Hochsicherheitstrakt. Nachdem wir von dem Security Guard an der Vorderseite des Gebäudes zum Seiteneingang geschickt wurden, mussten wir uns zuerst draußen in die Schlange einreihen, in der schon ungefähr 40 Leute vor uns standen. Die Leute haben leider nicht alle in den Eingangsbereich des Gebäudes reingepasst. Deswegen mussten wir draußen warten. Bei -10 Grad wohlgemerkt. Als wir es endlich in das Gebäude geschafft haben, mussten wir noch durch flughafenartige Sicherheitschecks durch. Alles in allem hat es schon mal schlappe 30 Minuten gedauert, bis wir überhaupt erst mal zu der Verwaltungsstelle gehen konnten, zu der wir wollten.

Dort das Übliche: Nummer ziehen und warten. Zwei Schalter waren geöffnet und haben sich mit den lästigen Bittstellern aus der Bevölkerung herumgeschlagen. Irgendwann hat ein dritter aufgemacht - der hat aber gleich wieder geschlossen, nachdem eine Person dran war. Als ich endlich dran war, habe ich dem Beamten am Schalter meine Situation erklärt und ihm gesagt, dass ich so einen Brief von ihm brauche. Seine Antwort: Ob ich den Antrag für eine Social Security Number ausgefüllt hätte? Das müsse man nämlich machen. Dann hat er mir erklärt, dass das normale Vorgehen in meiner Situation sei, diesen Antrag auszufüllen. Der werde dann abgelehnt, weil ich ja nicht arbeite - ach ne. Und damit bekomme man dann diesen Brief. Gleichzeitig war am Schalter neben mir Martin dran. Seine Sachbearbeiterin wollte keinen Antrag sehen. Komisch. Glücklicherweise war der Beamte nett genug, dass er nur meine Dokumente angeschaut hat und mir dann den Brief so gegeben hat. Als ich anschließend meinen Brief mit dem von Martin verglichen habe, haben wir festgestellt, dass die zwar das gleiche aussagen, wenn man sie genau liest, dass sie aber völlig unterschiedlich aussehen und formuliert sind. Schon interessant, zu sehen, wie zwei Leute, die am gleichen Tag mit den gleichen Dokumenten das Gleiche wollen, etwas Unterschiedliches bekommen.

Am Freitag steht die letzte Disziplin des Zehnkampfs an, das Grande Finale beim DMV. Ich kann nur hoffen, dass ich jetzt auch wirklich alle Dokumente dabei habe, die ich brauche. Ach ja, was ich fast vergessen hätte: Man muss ja auch noch eine Prüfung machen. Vor lauter Bürokratie kann man das ja schnell mal übersehen. Gerade lerne ich also wie eine kleine 17-jährige Lena mit dem Regelbuch auf die Theorieprüfung.

Im Großen und Ganzen fährt man hier genauso wie in Deutschland (ein bisschen wilder natürlich...), aber einige interessante Regeln haben die in New Jersey schon:
  • Der Führerschein ist nur vier Jahre gültig, danach muss man sich einen neuen holen.
  • Nur der Fahrer und der Beifahrer müssen einen Gurt tragen. Für Mitfahrer auf den Rücksitzen gibt es keine Vorschriften.
  • An einer roten Ampel darf man nach rechts abbiegen, außer, wenn ein Schild das verbietet. 
  • An einem Schulbus, der stehen bleibt, darf man nicht vorbeifahren - auch nicht ganz langsam. 
  • Interessanterweise gibt es im Kapitel über richtiges Abbiegen ein Unterkapitel "Stopping for a Frozen Dessert Truck". Das will ich euch natürlich nicht vorenthalten: "When approaching or overtaking an ice cream or frozen dessert truck from either direction, and the truck is flashing red lights and posting a stop signal arm, a motorist must: Yield the right-of-way to any person who is crossing the roadway to or from the truck. Watch out for children and be prepared to stop. Stop, then drive past the truck at a slow speed of no more than 15 mph".
  • "Driving under the influence of alcohol" beginnt erst ab 0,8 Promille. (!!!) 
  • Wenn man eine praktische Prüfung machen muss (muss ich zum Glück nicht), muss man dafür sein eigenes Auto mitbringen.

Donnerstag, 24. März 2011

Jamaica - no problem, man!

Letzte Woche war es endlich Zeit für die berühmt-berüchtigte Spring Break - die Ferien, in denen sich Amerikaner, die noch unter 21 sind, gerne mal nach Mexiko und in die Karibik absetzen, um da nach Herzenslust zu trinken. Ich bin ja bekanntlich schon über 21, habe mich aber trotzdem auch auf den Weg in die Karibik gemacht. Genauer gesagt nach Montego Bay in Jamaika. Mit von der Partie war mein deutscher Fulbright-Kollege Arne.


Unser Flug ging um 6 Uhr morgens. Und New York ist ja groß. Von da, wo ich wohne, bis zum Flughafen JFK braucht man schon tagsüber locker zwei Stunden. Deshalb haben wir uns um Mitternacht schon auf den Weg gemacht, damit wir früh einchecken können und dann am Gate noch schlafen können. Der Plan ist leider nicht aufgegangen, weil die entspannten Leute von Air Jamaica ihren Schalter vier Stunden vor Abflug natürlich mitten in der Nacht nicht offen hatten. Der Flughafen war auch bis auf ein paar Leute komplett leer. Bei der Gelegenheit haben wir auch gleich Bekanntschaft mit der jamaikanischen Haltung zu Pünktlichkeit gemacht. Wir haben uns gewundert, warum als Boarding Time 4:30 Uhr angegeben war. Eine Frau, die sich anscheinend auch gewundert hat, hat den Piloten gefragt. Seine Antwort: Damit dann wirklich alle da sind, wenn sie mit dem Boarding anfangen.


Der Flughafen in Montego Bay ist so nah am Strand, dass man im Landeanflug sogar die Pflanzen unter Wasser sehen kann. Dann noch schnell 20.000 Jamaica-Dollar am Automaten abgehoben, und schon konnte es losgehen zum Hotel.


Das Hotel hat sich als echter Glücksgriff entpuppt. Wir mussten zwar erst unsere Koffer viele Stufen und eine enge Wendeltreppe hochschleppen, aber der Ausblick aus dem Zimmerfenster und der Balkon mit Meerblick haben dafür mehr als entschädigt.


Auf dem Balkon sind wir dann fast jeden Abend gesessen, haben den Sonnenuntergang angeschaut und Gin Tonic getrunken. Schön war's!


In Montego Bay gibt es unzählige Strände. Viele öffentliche, an denen viele Einheimische sind, und dann die Touristenstrände, an denen es Bars, Duschen und so weiter gibt. Die Kellner von der Bar bedienen einen sogar direkt am Handtuch. Da muss man nicht mal aufstehen, um seinen Cocktail unter der Palme zu genießen! Rum ist in Jamaika übrigens billiger als Bier. Eine Rum-Cola am Strand kostet nur 250 Jamaika-Dollar - das sind weniger als 3 US-Dollar oder ungefähr 2 Euro. Eines haben die Strände alle gemeinsam: Palmen und das klare, warme, schöne Karibikwasser.


Ein Wort zu Klischees über Jamaika: Marihuana gibt es dort wirklich überall und niemanden kümmert es. Egal, ob der 60-Jährige auf offener Straße vor Kindern einen Joint raucht oder ein anderer mitten am Strand seine Geschäfte mit dem Kellner macht. Wir waren bestimmt noch keine zwei Stunden in dem Land, da hat uns schon das erste Mal jemand auf der Straße Drogen angeboten. Ein typisches Gespräch lief so ab:

"Taxi?"
"No, we're good."
"Marijuana?"
"No, thank you."
"Mushrooms?"
"No."

Und ja, Reggae und Dancehall sind hier wirklich ganz groß. Auf der Straße fahren oft Autos herum, bei denen durch die offenen Fenster Bob Marley rausdröhnt. Und in den Clubs gibt es viel Dancehall - schon lange nichts mehr von Sean Paul gehört! An einem Abend waren wir im Pier One, einem alten Pier, der zum Club umfunktioniert wurde. Natürlich alles Open Air. Das braucht man bei den Temperaturen auch! Da tanzt man dann die ganze Nacht auf dem Steg direkt über dem Wasser.


Deutsche trifft man übrigens auch überall auf der Welt. Sogar auf Jamaika, wo sonst geschätzt 99 Prozent aller Touristen aus den USA kommen. Gleich am ersten Tag haben wir am Strand Olli und Ingo kennengelernt, zwei Deutsche, die eine Rundreise durch Costa Rica und Jamaika gemacht haben. Und eines anderen Tages hat uns auf dem Weg zum Frühstück ein Zeitungshändler auf der Straße eine FAZ angeboten. Da haben wir uns schon gewundert. Noch größer war die Verwirrung, als wir am Strand gleich auf deutsch mit den Worten "Liegestuhl? Sonnenschirm?" begrüßt wurden. Und dann lagen am Strand lauter Deutsche mit identischen gelb-weiß gestreiften Handtüchern. Die Aida hatte an dem Tag in Montego Bay angelegt!

Der Dialekt der Jamaikaner ist ziemlich gewöhnungsbedürftig. Die meisten habe ich ganz gut verstanden, aber bei einigen hat dann auch Nachfragen und genaues Hinhören nicht viel gebracht. Besonders gern sagen sie übrigens "Yah, man!" Gerne auch in Kombination mit "No problem, man, Jamaica!"


Das Essen im "Native", dem Restaurant auf dem Bild oben, war wirklich "nice, man". Sehr gute Meeresfrüchte gab es da. Etwas gewöhnungsbedürftiger fand ich das jamaikanische Frühstück, wo schon morgens Fisch serviert wird. Arne hat es probiert, aber ich habe mich dann doch lieber an das Omelette gehalten. Ein Highlight war auch der Pork Pit, ein jamaikanisches Restaurant, in dem sich die Speisekarte auf Jerk Chicken und Jerk Pork mit ein paar Beilagen beschränkt, jeweils riesige Portionen. Man bestellt zuerst und holt dann mit dem Kassenbon an zwei riesigen Grills das Fleisch ab. Der Koch hackt es mit einem Messer in Stücke und es kann losgehen. Lecker war es! Ich empfehle nur, mit der grünen Sauce, die ganz harmlos aussieht, am Anfang vorsichtig zu sein!





Das war ein schöner Urlaub. Yah man!

Der Frühling kommt ... nicht!

Da habe ich mich wohl zu früh gefreut. Der Frühling lässt wohl doch noch länger auf sich warten, als ich gedacht habe.

Als ich letzte Woche am Mittwoch aus Jamaica wieder nach Newark gekommen bin, habe ich mich schon so gefreut, weil es wirklich warm war. Da dachte ich mir, ich muss mich gar nicht mehr so stark umstellen. Am Donnerstag hatte es 17 Grad - schön frühlingshaft. Am Freitag dann das Highlight: 26 Grad, Sonnenschein! Leider musste ich an dem Tag viel für mein Midterm Paper machen (in Jamaica hab ich natürlich nichts gemacht...), aber am Nachmittag habe ich dann doch einen kleinen Spaziergang draußen gemacht. Sehr, sehr schön! Da ist mir dann erst aufgefallen, wie sehr ich hier die Sonne und Wärme den Winter über vermisst habe.

Zu den nächsten beiden Tagen kann ich leider nichts sagen - da habe ich mich mehr oder weniger den ganzen Tag in der Wohnung verkrochen und die Hausarbeit geschrieben. Und dann am Montag der Schock: Ich stehe auf, mache die Rollläden auf und was sehe ich: Schnee! Und das auch noch am Frühlingsanfang. In Deutschland macht ja sprichwörtlich der April, was er will. Hier in den USA ist es wohl eher der März. Heute hat es auch schon wieder geschneit. Wer auch immer das Wetter hier versteht, ich bin es nicht.

Hoffentlich ändert sich das bald wieder! Schön langsam bin ich ja auch schon so lange hier, dass es Zeit wird, wieder an die Heimreise zu denken. In weniger als zwei Monaten ist die Uni vorbei und dann ist mein USA-Aufenthalt zu Ende, zumindest, was das Studium angeht. Und da mich in eineinhalb Wochen meine Mama besuchen kommt, wollte ich ihr eigentlich schon einige Klamotten mit nach Hause geben, damit ich in meinem Koffer für alles andere Platz habe, wenn ich selbst heimfliege. Eigentlich dachte ich, dass ich ihr problemlos die Winterklamotten mitgeben kann, weil ich die dann nicht mehr brauche. Aber wer weiß?

Dienstag, 8. März 2011

Der Frühling kommt

Ja, er kommt wirklich. Komisch, dass ich das heute schreibe, wo ich erst vor einer Woche am Montag meine Schwester und meine Freundinnen hier zum Shopping in die Mall geschickt habe, weil es den ganzen Tag geregnet hat. Und wo es gestern so geschüttet hat, dass meine Füße in den nassen Schuhen beim Gehen gequietscht haben.


Aber: Als es am Montag so geregnet hat, war es ziemlich warm und hat nach Frühling gerochen - ein bisschen wie ein warmer Mairegen. Ich habe fast erwartet, dass jeden Moment irgendwo neben mir eine Blume sprießt. Zwei Tage später habe ich dann wirklich die ersten Blumen entdeckt: Am Mittwoch habe ich mit der Luisa eine Tour durch den Central Park gemacht. Und dort waren schon Schneeglöckchen!


Jetzt bin ich schon seit sieben Monaten in Amerika. Manchmal kann ich es kaum glauben, wie schnell die Zeit vergeht. In dieser Zeit habe ich schon Sommer, Herbst und Winter hier erlebt - der Frühling fehlt noch. Und darauf freue ich mich schon sehr!