Mittwoch, 13. April 2011

Amerikanische Sportbegeisterung und das Gegenteil davon

Letzte Woche habe ich an ein und demselben Tag die zwei Gesichter der Amerikaner kennengelernt, was den Sport angeht: absolute Begeisterung und das Gegenteil davon - Sport-un-begeisterung!

Teil 1: Sport-un-begeisterung - Fahrrad fahren als Ereignis

Teil 1 meiner Geschichte dreht sich um den "Cherry Blossom Bike Ride". Das ist eine Fahrradtour vom Rutgers-Campus in den Branch Brook Park, einen großen Park in Newark. Der wurde übrigens im 19. Jahrhundert von Frederick Law Olmsted entworfen, dem Mann, der auch den Central Park in Manhattan und den Prospect Park in Brooklyn gestaltet hat. Im Branch Brook Park gibt es über 4.000 japanische Kirschbäume. Das sind sogar mehr als in Washington, D.C., das für sein jährliches National Cherry Blossom Festival so berühmt ist.

Da ich seit acht Monaten hier auf keinem Fahrrad mehr gesessen bin, kam mir dieses Angebot gerade recht. Außerdem leidet Newark bis auf den Branch Brook Park sowieso an einem Mangel an Natur und da hat es sich sehr verlockend angehört, durch den Park zu fahren. Zusätzlich haben die Organisatoren uns noch mit kostenlosem Fahrradverleih und kostenlosem Mittagessen im Park gelockt. Da juchzt das Herz des armen Studenten in der NYC Area!

Als ich mit Martin und seiner Freundin Mandy am Ausgangspunkt der Tour angekommen bin, war mir schnell klar, dass ohne kostenloses Mittagessen der größte Teil der Teilnehmer wohl nicht aufgekreuzt war. Eine amerikanische Kommilitonin von mir, die ich dort getroffen habe, hat mir stolz erklärt, dass sie nicht mehr auf einem Fahrrad gesessen ist, seit sie zwölf war. Bis jeder sein Fahrrad hatte, hat es mindestens 30 Minuten gedauert. Für weitere Verwirrung hat bei einigen Leuten wohl die Tatsache gesorgt, dass man die Höhe eines Fahrradsattels verstellen kann. Ich war allerdings positiv überrascht, dass die meisten Fahrräder richtig gute Mountainbikes waren. Die waren sogar besser als mein eigenes Radl zu Hause. Aber dazu muss ich sagen, dass das auch nicht sehr schwer ist. Ich glaube, mein Fahrrad hat schon zehn Jahre auf dem Buckel, weswegen ich auch für alle Strecken, die weiter als 2 Kilometer sind, normalerweise das von meiner Mama nehme.


Während wir die Fahrräder ausgesucht haben, gab es sogar noch mehr umsonst: einen kleinen Rucksack prall gefüllt mit einem Fahrradhelm, einer Trinkflasche und allerlei Flyern zu Newark und zum sicheren Radfahren. A propos sicheres Radfahren. Hier auf dem Campus sieht man ja immer und überall Polizisten, das ist ja nicht ungewöhnlich. Deswegen habe ich mir am Anfang auch nichts dabei gedacht, als dort, wo wir die Fahrräder ausgesucht haben, Polizisten ihre Runden gedreht haben. Als wir dann aber losfahren wollten und sie sich Fahrradhelme und Fahrräder geschnappt haben, die mit "Police" beschriftet waren, und zwei in ein Polizeiauto eingestiegen sind, ist mir langsam ein Licht aufgegangen: Die begleiten uns!

Und schon ging es los. Ein Polizist ist in einem Affenzahn vorausgefahren, damit er vor allen anderen an der ersten Kreuzung ist. Dort angekommen, ist er mitten in der Kreuzung vom Fahrrad gesprungen, hat alle ankommenden Autos aufgehalten und uns wild mit den Armen fuchtelnd über die Straße geleitet. In gewisser Hinsicht war die Polizeibegleitung aber auch nötig, denn manche Teilnehmer hatten offensichtlich nicht verstanden, dass es gefährlich ist, mitten in der Stadt rote Ampeln zu ignorieren, nach links und rechts zu fahren, ohne sich vorher umzuschauen, oder in einem Pulk von Leuten grundlos zu bremsen. Und siehe da, nach noch nicht einmal fünf Minuten mussten wir schon die erste Pause einlegen, weil trotz Begleitung schon die ersten verloren gegangen sind. Immerhin habe ich zwischendurch noch eine interessante, amüsante Entdeckung gemacht: ein Schrottplatz, auf dem nur alte, zerbeulte, in Einzelteile zerfallende Polizeiautos gesammelt werden.


Nach ungefähr zehn Minuten Suche sind die verlorengegangenen Fahrradfahrer auch wieder aufgetaucht und es ging weiter in den Park. Leider war es die letzten Wochen in New Jersey so kalt, dass die meisten Kirschbäume noch nicht geblüht haben. Ein paar habe ich aber trotzdem noch entdeckt.


Als wir im Park angekommen sind, dachte ich, dass jetzt die Radltour richtig losgeht. Da wurde ich aber gleich eines besseren belehrt: Es war schon Lunchtime!


Nach dem Lunch konnte man dann entweder zum zweiten Teil der Tour übergehen und weiter durch den Park fahren oder sich schon auf den Weg zur Uni machen. Über der Hälfte der Studenten hat es anscheinend nach dem ersten Teil schon gereicht, denn die sind schon zurück zur Uni gefahren. Ich bin für den zweiten Teil noch geblieben und habe so einen richtig schönen Teil von Newark zu sehen bekommen. Der Park ist wirklich groß - so lange wie der Central Park, aber nur halb so breit. Er hat einige schöne Gewässer, Brücken und Gebäude in der Nähe, zum Beispiel die Cathedral Basilica of the Sacred Heart, die fünftgrößte Kathedrale der USA. Außerdem stehen direkt am Rand des Parks einige große alte Häuser, die so aussehen, als ob die Leute, die da wohnen, wirklich viel Geld haben.


Auch dieser Teil der Fahrradtour war kürzer, als ich ihn erwartet hatte, und fand immer in Begleitung eines Essex County Sheriffs statt. Kurz vor Ende der Tour gab es dann noch meine persönlichen zwei Highlights des Ausflugs. Eines war, dass es einen kleinen Hügel hinaufging. Das war wirklich nur ein Hügel; den Namen Berg würde es nicht verdienen. Ein Mädchen hat sich damit sehr schwer getan - kein Wunder, denn sie hatte einen der höchsten Gänge drin. Hinter ihr ist dann einer der Polizisten hergefahren und musste ihr erklären, dass man beim Bergauffahren doch besser einen kleineren Gang nimmt - worauf er nur einen fragenden Blick geerntet hat. Highlight Nummer 2: Ein anderes Mädchen hatte offenbar genug vom Fahrrad fahren und wollte nicht mehr zur Uni zurück radeln. Sie fragte den Polizisten: "Mr. Officer, can you give me a ride back home? In a car with a bike rack?"


Obwohl das Wort "Fahrradtour" hier eine andere Bedeutung hat, als ich erwartet habe, war es doch ein netter Nachmittag. Ich bin froh, dass ich jetzt weiß, wo der Park ist, dass er schön ist, und dass ich mir an der Uni kostenlos ein Fahrrad ausleihen kann. Das will ich auch bald machen und dann meinen privaten Cherry Blossom Bike Ride machen - inklusive dann hoffentlich mehr blühender Kirschbäume!

Teil 2: Sportbegeisterung - Eishockey anschauen

Am gleichen Tag am Abend gab es noch ein weiteres sportliches Ereignis, diesmal aber nur passiv: Ich habe mir ein Eishockey-Spiel angeschaut. Seit ich in Amerika bin, wollte ich mir ein richtiges amerikanisches Sportereignis anschauen. Zuerst hatte ich an ein Football-Spiel gedacht, aber dann hat mich meine Mitbewohnerin Megan aufgeklärt, dass die Football-Saison schon vorbei ist. Dann dachte ich mir, Eishockey ist ja auch nicht schlecht, und habe mir Karten für ein Heimspiel der New Jersey Devils gegen die Toronto Maple Leafs im Prudential Center in Newark gekauft. Das Prudential Center ist ein riesiges Stadion - richtig amerikanische Ausmaße eben.


Die ganze Veranstaltung war so richtig amerikanisch, wie ich sie mir vorgestellt habe und wie ich sie haben wollte. Am Anfang vor dem Anstoß (heißt das beim Eishockey auch so?) wurden die kanadische und die amerikanische Nationalhymne gespielt und eine Frau hat live unten auf dem Eis mitgesungen. Dabei sind alle aufgestanden, haben die Hand aufs Herz gelegt und inbrünstig mitgesungen. Und natürlich durfte gutes amerikanisches Essen beim Spiel nicht fehlen.


Bei diesem Spiel habe ich mir einmal mehr gedacht, dass Amerikaner eins wirklich gut können: Entertainment! Eishockey ist an sich schon sehr unterhaltsam, weil es so schnell und spannend ist. Dann gibt es dazu aber noch überall bunte Leuchttafeln und Cheerleader, die in jeder Unterbrechung tanzen.


In der ersten Pause durfte die Nachwuchsmannschaft der New Jersey Devils aufs Eis und ein bisschen spielen. Mit den dicken Anzügen und der ganzen Schutzausrüstung waren die kleinen Jungen fast so breit wie hoch - sehr süß und witzig. Und in der zweiten Pause wurden drei Leute aus dem Publikum für ein Gewinnspiel ausgewählt. Sie bekamen vom New Jersey Devil, dem Maskottchen, jeweils einen Puck und einen Schläger. Den Puck mussten sie dann so nahe wie möglich an den Mittelkreis schießen, ein bisschen wie beim Eisstockschießen.


Bevor ich vergesse, es zu erwähnen: Die New Jersey Devils haben mit 4:2 gewonnen!

2 Kommentare:

  1. Du hast beim Radfahren den Sturz vergessen ;)

    AntwortenLöschen
  2. Wer sich für den Sturz interessiert, kann das in Martins Blog nachlesen: http://martin-esser.eu/blog/?p=463

    AntwortenLöschen