Dienstag, 26. Oktober 2010

9 Zeichen, dass man anfängt, zum New Yorker zu werden

1. Die Leute, die am Times Square stehen und Fotos schießen, werden ein bisschen nervig, weil sie den Weg blockieren, wenn man einfach nur vorbei will.


2. Man weiß, dass man mit hohen Schuhen den Lüftungsschächten der U-Bahn ausweichen muss.


[2,5. Das U-Bahn-System muss man deswegen aber noch lange nicht auswendig können!]


3. Anblicke wie diesen hat man schon oft gesehen.


4. Man weiß, dass in Downtown abends nach 18 Uhr tote Hose ist, weil alle Leute, die dort arbeiten, schon zu Hause sind.


5. Man hat Manhattan mal verlassen und sich in den anderen Boroughs umgeschaut.


6. In den Straßen findet man sich ohne Stadtplan zurecht. Das ist zuegegebenermaßen nicht sehr schwer, weil die Straßen und Avenues ja alle nummeriert sind.


7. Man läuft mit einem Becher in der Hand durch die Gegend: Bubble Tea, Kaffee, Tee, Eis, ganz egal!


8. Man bleibt nicht an der roten Ampel stehen. Wirklich nicht!


9. Man weiß, dass es auf der 5th Avenue nicht nur super-teure Geschäfte gibt, sondern auch welche für den schmalen Studenten-Geldbeutel.


Aber die vielen süßen Eichhörnchen auf Bäumen, in Parks und zwischen den Häusern faszinieren mich immer noch! Genauso wie vieles andere natürlich auch. :-)

Montag, 4. Oktober 2010

Campus-Leben in Amerika

Heute ist es an der Zeit, mit ein paar Klischees über den Uni- und Campus-Alltag in den USA aufzuräumen - oder sie zu bestätigen.


Was habe ich über amerikanische Unis gedacht, bevor ich hier angekommen bin?
  • Der Campus ist wie eine abgeschlossene Einheit und alles ist nah beieinander
  • Die Leute sitzen auf grünen Wiesen und diskutieren miteinander
  • Auf dem Campus gibt es alles, was man zum Leben und Studieren braucht: Buchhandlung, Bibliothek, Fast Food. ;-)
  • Man trifft überall die bekannten Gesichter aus den Seminaren wieder
  • Es gibt ne Menge Hausparties wie in den Filmen
  • Nicht zu vergessen natürlich die College-Sportler
  • Alle sind stolz auf die Uni und tragen Uni-T-Shirts

Stimmt's oder stimmt's nicht?

Auf dem Rutgers-Campus ist wirklich alles nach beieinander. Nicht so wie an der LMU, wo ich schon auch mal 15 Minuten mit dem Bus fahren musste, um vom Amerika-Institut zu den Politikwissenschaftlern zu kommen. Hier kann man zu allen Gebäuden, Instituten und Veranstaltungen zu Fuß gehen. Alles liegt innerhalb weniger Blocks. Zum Gebäude, wo die American Studies untergebracht sind, brauche ich nur zwei Minuten. Das ist die Conklin Hall und sieht so aus:


Alle anderen Gebäude heißen auch irgendetwas mit "Hall": Boyden Hall, Blumenthal Hall, Hill Hall, Olson Hall und so weiter. Eine ganz abgeschlossene Welt für sich ist der Rutgers-Campus aber nicht. Er liegt mitten in der Stadt, und es gibt auch in direkter Nachbarschaft einiges, das nicht zum Campus gehört: Wohnhäuser, Kirchen und ein Krankenhaus. Außerdem ist direkt neben dem Rutgers-Campus der Campus vom NJIT, dem New Jersey Institute of Technology. Das wirkt zusammen wie ein großes Gebiet voller Studenten.Wenn nicht überall Fahnen der Uni hängen würden, könnte man gar nicht sagen, bei welcher Uni man gerade ist.


Weil Rutgers in der Stadt liegt, fallen die grünen Wiesen auch etwas kleiner aus. Aber es gibt sie: Direkt gegenüber von meinem Haus liegen die Bibliothek und das Paul Robeson Campus Center, und dazwischen ist viel Grün, viele Bäume und Tische. Da kann man es sich in der Mittagspause oder nachmittags gemütlich machen, so wie Ömercan, Martin und ich nach der International Student Orientation.


Da war es übrigens 17 Uhr und hatte noch 37 Grad im Schatten. So sehen dann die Anzeigetafeln aus, die es hier an mehreren Stellen auf dem Campus gibt.


Wenn gerade nicht das Wetter angezeigt wird, finden sich darauf Hinweise auf Veranstaltungen oder Fristen an der Uni. Womit wir beim nächsten Thema sind: Es gibt nicht nur Veranstaltungen von Studentenorganisationen, Open-Air-Kino und Vorträge an der Uni, sondern auch sonst alles, was man als Student zum Leben braucht. Zwei Buchhandlungen, an die die Profs am Anfang des Semesters die Leselisten schicken, damit man gleich alle Bücher auf einmal kaufen kann. Und zwei kleine, teure Supermärkte. Und Starbucks und Subway. Und verschiedene andere Bistros und Imbisse. Und die Bibliothek. Und Geldautomaten. Wenn man nicht will, müsste man sich hier vom Campus also gar nicht wegbewegen.

Wer es so handhabt wie ich und nicht immer nur zu Subway, Starbucks und Co. gehen will, sondern richtig einkaufen und selbst kochen, für den hat die Uni auch einen super Service. Es gibt einen Shoping Shuttle, der drei Mal in der Woche zu Supermärkten, WalMart und so weiter fährt. Der fährt einen direkt vor die Tür und kommt dann eine Stunde später wieder, um Studenten und Einkaufstüten wieder einzusammeln. Er geht übrigens auch am Sonntag und bis 23.15 Uhr am Abend (diese Ladenöffnungszeiten - ein Traum!).

Die bekannten Gesichter aus den Seminaren trifft man nicht überall wieder. Das liegt daran, dass Rutgers eine wirklich große Uni ist. Hier studieren mehr als 11.000 Studenten, und natürlich halten sich nicht alle ständig hier am Campus auf. Ich selbst bin auch tagsüber nicht so viel unterwegs, sondern bereite meistens zu Hause etwas für meine Seminare vor oder bin in der Bibliothek - oder auch am Computer und beim Bloggen, so wie jetzt. Da, wo ich wohne, laufe ich aber schon öfters Leuten über den Weg, die ich aus meinem Haus oder von woanders kenne. Direkt neben meinem Haus gibt es übrigens auch einen Beachvolleyball-Platz.


Und meine Nachbarn haben Katzen. Da fühl ich mich gleich wie daheim, besonders weil die genauso oft kämpfen wie der Felix mit unseren Nachbarskatzen zu Hause. Falls man es nicht erkennt: Das, was da rechts im Bild auf der Treppe und in der Mitte auf dem schwarzen Ding liegt, sind zwei von den Katzen.


Hausparties gibt es nur bei den Fraternities und Sororities, und die fangen dann auch schon am Nachmittag um eins an. Wenn man dann abends an deren Häusern vorbeigeht, hört man schon das Grölen. Übrigens habe das Gefühl, dass es hier zum guten Ton gehört, dass alle, die keiner solchen Verbindung angehören, darüber lästern. Und außerdem sind die nur für die undergraduate students - was für graduate students wie mich impliziert, dass sie ziemlich uncool sind. ;-) Das ist mir hier nämlich auch aufgefallen: Die Trennung zwischen Bachelor- und Master-Studenten ist hier viel stärker ausgeprägt als in Deutschland.

So weit ich weiß, sind auch nur die College-Studenten, also die undergrads, diejenigen, die als College-Sportler die Bewunderung der Mädels auf sich ziehen. Sport ist hier ganz groß: Es liegen an mehreren Stellen Kalender mit den Spielen und Wettkämpfen der Rutgers-Sport-Teams aus, die auch gut besucht sind. Mein Seminar am Mittwoch Abend habe ich neben dem Fußballplatz, und da sind die Tribünen bei den Spielen immer gut gefüllt. Erstaunlicherweise hat Rutgers eine normale Fußballmannschaft, aber keine für American Football. Die Sportler sieht man dann auch abends nach dem Training oft noch zum Weiter-Trainieren oder zur Besprechung im Golden Dome Athletic Center. Dem statte ich auch öfters einen Besuch ab.


Wirklich viele tragen Rutgers-T-Shirts zum trainieren, wie auch sonst viele an der Uni Pullis, Taschen oder Jogginghosen mit Rutgers-Aufschrift oder Logo haben. Daran kann man schon sehen, dass die Studenten sich hier sehr mit der Uni identifizieren und sehr stolz auf sie sind. Ich finde, dass das schon eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl an die Uni bringt. Alleine würde ich auch nicht im Uni-Oberteil herumlaufen wollen, aber wo es hier so viele machen, wird es für mich höchste Zeit, dass ich mir auch ein Rutgers T-Shirt zulege. Das ist in Deutschland ganz anders. Die LMU hat zwar auch ihren Shop, wo man Pullis und Taschen kaufen kann, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, das mit einem LMU-T-Shirt an der Uni unterwegs war.

Habt ihr noch mehr Vorstellungen von amerikanischen Unis? Dann immer her damit in den Kommentaren. Ich sag euch dann, wie es wirklich ist.

Freitag, 1. Oktober 2010

Amerikaner und ihr Bild von Deutschland

Was denken die Amerikaner über Deutschland und die Deutschen? Bier, Sauerkraut, Lederhosen, Angela Merkel, Berge, Volkswagen? Teilweise...

Als letzte Woche mein Koffer aus Deutschland mit dem Dirndl drin ankam, habe ich das gleich meinen Mitbewohnerinnen gezeigt. Sie fanden es alle sehr schön, aber eine hat gefragt, ob das ein normales Alltagskleid ist. Sie hat aber schon vermutet, dass nicht. Ich habe ihr dann erklärt, dass wir das natürlich nicht immer tragen und auch nicht in allen Teilen von Deutschland. Ich habe ich mir dann gedacht, woher soll sie es auch wissen. Ich weiß ja auch nicht, ob in Indien ein Sari für den Alltag oder für besondere Anlässe ist.

A propos Dirndl: Wenn ich erzähle, dass ich aus München komme, kommt in 80 Prozent der Fälle im nächsten Satz, den die Amis sprechen, die Wörter "Oktoberfest" oder "beer" vor. Jaja, so ist das mit den Bayern in der Welt - überall werden sie nur auf Bier und die Wiesn reduziert. ;-) Ich wurde schon ziemlich oft gefragt, wie mir das amerikanische Bier schmeckt (schlecht!) und ob wir wirklich Bier aus Masskrügen trinken (ja!). Viele erwähnen dann auch irgendetwas von deutscher Wurst, aber da muss ich sie leider enttäuschen und sagen, dass ich da keine große Kennerin bin.

Abgesehen von diesen Klischees fragen die meisten interessiert nach, wenn ich erzähle, dass ich aus Deutschland komme: Zum Beispiel über die Politik in Deutschland, über das Schul- und Uni-Leben, meine Familie, die Kultur usw. Und ich habe viele Amerikaner getroffen, die schon nach Deutschland gereist sind und mir dann von ihren Eindrücken dort erzählen. Die Top-Reiseziele unter ihnen scheinen Berlin, Heidelberg und München zu sein. Manche waren auch in Städten wie Düsseldorf oder Wiesbaden (gibt es da was Interessantes zu sehen?) Einige, die ich kennengelernt habe, waren selbst schon eine Zeit lang im Ausland: in Deutschland, Frankreich, Spanien, Australien oder Argentinien. Es stimmt also gar nicht, dass die Amerikaner ihr Land nie verlassen und ganz komische Vorstellungen über Europa und den Rest der Welt haben

Außerdem ist mir noch aufgefallen, wie viele Leute hier deutsche Wurzeln haben. Das wusste ich zwar eigentlich vorher aus dem Studium schon irgendwie im Hinterkopf, aber so richtig bemerkt habe ich es erst hier. Folgende Konversation habe ich schon oft geführt:

  • Amerikaner: "Where are you from?"
  • Ich: "I'm from Germany."
  • Amerikaner: "Oh, I'm German, too! A few generations ago though."

Besonders bemerkenswert finde ich dann, dass viele sich wirklich als "German" bezeichnen und nicht als "German American". Und wie genau einige wissen, welcher ihrer Vorfahren (Ur-Großvater mütterlicherseits mit Bruder oder so) von wo in Deutschland eingewandert sind und wo sie sich niedergelassen haben.

Die folgende Karte zeigt alle amerikanischen Counties und die Herkunft der Vorfahren, die die Leute dort angeben. Das viele Hellblaue sind die, deren Familien aus Deutschland eingewandert sind.


Die meisten Amerikaner sind überrascht, wie klein Deutschland ist. Ist verständlich - wenn ich daran denke, wie groß die USA sind, kommt mir Deutschland auch klein vor. Mein Flug von San Francisco nach Newark, also ein Mal quer über den Kontinent, hat fünf Stunden gedauert. Zum Vergleich: Die schlaue Seite www.meine-flugzeit.de hat mir gesagt, dass zum Beispiel ein Flug von München nach Moskau nur drei Stunden dauert, und dass man von München aus in viereinhalb Stunden in Baghdad oder Teheran sein kann (wenn man denn da hin will). Und in der gleichen Zeit kann man Deutschland sicher von Westen nach Osten ganz und von Norden nach Süden halb durchqueren. Wenn ich sage, dass etwas weit weg ist, weil es drei Stunden mit dem Auto entfernt liegt, zucken die Amis nur mit den Schultern. Da ist das ganz normal. Es gibt hier auch Leute, die jeden Tag eineinhalb Stunden mit dem Auto in die Arbeit fahren - einfach. Man gewöhnt sich aber schnell an die Entfernungen hier. Ich bin ja mit dem Bus viereinhalb Stunden nach Boston gefahren, obwohl ich nur von Samstag Mittag bis Sonntag Abend dort war.

Das ist alles, was mir bis jetzt über Amerikaner und Deutschland aufgefallen ist. In den nächsten Monaten kommt bestimmt noch mehr, und dann gibt es einfach einen neuen Blog-Eintrag.

P.S.: Die Seite ist wirklich schlau. Dank ihr weiß ich jetzt auch, dass ich gerade 6481 Kilometer von zu Hause weg bin.