Montag, 4. Oktober 2010

Campus-Leben in Amerika

Heute ist es an der Zeit, mit ein paar Klischees über den Uni- und Campus-Alltag in den USA aufzuräumen - oder sie zu bestätigen.


Was habe ich über amerikanische Unis gedacht, bevor ich hier angekommen bin?
  • Der Campus ist wie eine abgeschlossene Einheit und alles ist nah beieinander
  • Die Leute sitzen auf grünen Wiesen und diskutieren miteinander
  • Auf dem Campus gibt es alles, was man zum Leben und Studieren braucht: Buchhandlung, Bibliothek, Fast Food. ;-)
  • Man trifft überall die bekannten Gesichter aus den Seminaren wieder
  • Es gibt ne Menge Hausparties wie in den Filmen
  • Nicht zu vergessen natürlich die College-Sportler
  • Alle sind stolz auf die Uni und tragen Uni-T-Shirts

Stimmt's oder stimmt's nicht?

Auf dem Rutgers-Campus ist wirklich alles nach beieinander. Nicht so wie an der LMU, wo ich schon auch mal 15 Minuten mit dem Bus fahren musste, um vom Amerika-Institut zu den Politikwissenschaftlern zu kommen. Hier kann man zu allen Gebäuden, Instituten und Veranstaltungen zu Fuß gehen. Alles liegt innerhalb weniger Blocks. Zum Gebäude, wo die American Studies untergebracht sind, brauche ich nur zwei Minuten. Das ist die Conklin Hall und sieht so aus:


Alle anderen Gebäude heißen auch irgendetwas mit "Hall": Boyden Hall, Blumenthal Hall, Hill Hall, Olson Hall und so weiter. Eine ganz abgeschlossene Welt für sich ist der Rutgers-Campus aber nicht. Er liegt mitten in der Stadt, und es gibt auch in direkter Nachbarschaft einiges, das nicht zum Campus gehört: Wohnhäuser, Kirchen und ein Krankenhaus. Außerdem ist direkt neben dem Rutgers-Campus der Campus vom NJIT, dem New Jersey Institute of Technology. Das wirkt zusammen wie ein großes Gebiet voller Studenten.Wenn nicht überall Fahnen der Uni hängen würden, könnte man gar nicht sagen, bei welcher Uni man gerade ist.


Weil Rutgers in der Stadt liegt, fallen die grünen Wiesen auch etwas kleiner aus. Aber es gibt sie: Direkt gegenüber von meinem Haus liegen die Bibliothek und das Paul Robeson Campus Center, und dazwischen ist viel Grün, viele Bäume und Tische. Da kann man es sich in der Mittagspause oder nachmittags gemütlich machen, so wie Ömercan, Martin und ich nach der International Student Orientation.


Da war es übrigens 17 Uhr und hatte noch 37 Grad im Schatten. So sehen dann die Anzeigetafeln aus, die es hier an mehreren Stellen auf dem Campus gibt.


Wenn gerade nicht das Wetter angezeigt wird, finden sich darauf Hinweise auf Veranstaltungen oder Fristen an der Uni. Womit wir beim nächsten Thema sind: Es gibt nicht nur Veranstaltungen von Studentenorganisationen, Open-Air-Kino und Vorträge an der Uni, sondern auch sonst alles, was man als Student zum Leben braucht. Zwei Buchhandlungen, an die die Profs am Anfang des Semesters die Leselisten schicken, damit man gleich alle Bücher auf einmal kaufen kann. Und zwei kleine, teure Supermärkte. Und Starbucks und Subway. Und verschiedene andere Bistros und Imbisse. Und die Bibliothek. Und Geldautomaten. Wenn man nicht will, müsste man sich hier vom Campus also gar nicht wegbewegen.

Wer es so handhabt wie ich und nicht immer nur zu Subway, Starbucks und Co. gehen will, sondern richtig einkaufen und selbst kochen, für den hat die Uni auch einen super Service. Es gibt einen Shoping Shuttle, der drei Mal in der Woche zu Supermärkten, WalMart und so weiter fährt. Der fährt einen direkt vor die Tür und kommt dann eine Stunde später wieder, um Studenten und Einkaufstüten wieder einzusammeln. Er geht übrigens auch am Sonntag und bis 23.15 Uhr am Abend (diese Ladenöffnungszeiten - ein Traum!).

Die bekannten Gesichter aus den Seminaren trifft man nicht überall wieder. Das liegt daran, dass Rutgers eine wirklich große Uni ist. Hier studieren mehr als 11.000 Studenten, und natürlich halten sich nicht alle ständig hier am Campus auf. Ich selbst bin auch tagsüber nicht so viel unterwegs, sondern bereite meistens zu Hause etwas für meine Seminare vor oder bin in der Bibliothek - oder auch am Computer und beim Bloggen, so wie jetzt. Da, wo ich wohne, laufe ich aber schon öfters Leuten über den Weg, die ich aus meinem Haus oder von woanders kenne. Direkt neben meinem Haus gibt es übrigens auch einen Beachvolleyball-Platz.


Und meine Nachbarn haben Katzen. Da fühl ich mich gleich wie daheim, besonders weil die genauso oft kämpfen wie der Felix mit unseren Nachbarskatzen zu Hause. Falls man es nicht erkennt: Das, was da rechts im Bild auf der Treppe und in der Mitte auf dem schwarzen Ding liegt, sind zwei von den Katzen.


Hausparties gibt es nur bei den Fraternities und Sororities, und die fangen dann auch schon am Nachmittag um eins an. Wenn man dann abends an deren Häusern vorbeigeht, hört man schon das Grölen. Übrigens habe das Gefühl, dass es hier zum guten Ton gehört, dass alle, die keiner solchen Verbindung angehören, darüber lästern. Und außerdem sind die nur für die undergraduate students - was für graduate students wie mich impliziert, dass sie ziemlich uncool sind. ;-) Das ist mir hier nämlich auch aufgefallen: Die Trennung zwischen Bachelor- und Master-Studenten ist hier viel stärker ausgeprägt als in Deutschland.

So weit ich weiß, sind auch nur die College-Studenten, also die undergrads, diejenigen, die als College-Sportler die Bewunderung der Mädels auf sich ziehen. Sport ist hier ganz groß: Es liegen an mehreren Stellen Kalender mit den Spielen und Wettkämpfen der Rutgers-Sport-Teams aus, die auch gut besucht sind. Mein Seminar am Mittwoch Abend habe ich neben dem Fußballplatz, und da sind die Tribünen bei den Spielen immer gut gefüllt. Erstaunlicherweise hat Rutgers eine normale Fußballmannschaft, aber keine für American Football. Die Sportler sieht man dann auch abends nach dem Training oft noch zum Weiter-Trainieren oder zur Besprechung im Golden Dome Athletic Center. Dem statte ich auch öfters einen Besuch ab.


Wirklich viele tragen Rutgers-T-Shirts zum trainieren, wie auch sonst viele an der Uni Pullis, Taschen oder Jogginghosen mit Rutgers-Aufschrift oder Logo haben. Daran kann man schon sehen, dass die Studenten sich hier sehr mit der Uni identifizieren und sehr stolz auf sie sind. Ich finde, dass das schon eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl an die Uni bringt. Alleine würde ich auch nicht im Uni-Oberteil herumlaufen wollen, aber wo es hier so viele machen, wird es für mich höchste Zeit, dass ich mir auch ein Rutgers T-Shirt zulege. Das ist in Deutschland ganz anders. Die LMU hat zwar auch ihren Shop, wo man Pullis und Taschen kaufen kann, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, das mit einem LMU-T-Shirt an der Uni unterwegs war.

Habt ihr noch mehr Vorstellungen von amerikanischen Unis? Dann immer her damit in den Kommentaren. Ich sag euch dann, wie es wirklich ist.

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